Golm - eine traurige Geschichte

Der Golm ist mit 59 m eine der höchsten Erhebun-gen der Insel Usedom. Ausgrabungen beweisen, dass dieses Gebiet schon in der Bronzezeit besie-delt war. Der heute noch sichtbare Burgwall ist ein Zeichen für die strategische Bedeutung des Golms, von dem aus die Odermündung und die damalige Handelsstraße gesichert wurden. Die Sage von der Golmprinzessin berichtet, dass in dieser Burg ein sehr recher Fürst lebte, dessen häßliche Tochter die Hand eines ebenso häßlichen Freiers ablehnte, woraufhin dieser die Burg samt den Schätzen in den Golmberg verzauberte.

Die landschaftliche Schönheit und Erhabenheit des Golms ziehen von jeher viele Besucher an.

Mit der Entwicklung der Stadt Swinemünde gewann diesesbeliebte Ausflugsziel immer mehr an Bedeut-ung. Die am Fuße desGolms vorbeiführende Eisenbahnlinie Swinemünde - Berlin hatte hier einen Halte-punkt, um den Ausflüglern den Weg zu "Onkel Toms Hütte" zu verkürzen. Dieses Lokal befand sich na-
he dem Aussichtsturm von dem man einen herrlichen Weitblick über die Stadt und die Umgebung von Swinemünde hat. Hier trafen sich Jung und Alt aus den umliegenden Ortschaften und Freunde und Froh-sinn erfüllten den herrlichen Buchenhain.

Doch die furchtbaren Ereignisse des 2. Welt-krieges hinterlließen in dieser idyllischen Land-scharft traurige Spuren. Im Sommer 1944 wurden auf dem Golm ein Friedhof für Marinesoldaten und ihm gegenüber ein Friedhof für die Angehörigen anderer Waffengattungen angelegt. Auf ihnen wur-den verstorbene Soldaten aus den Swinemünder Lazaretten oder von den einlaufenden Lazarett-schiffen beigesetzt. Auch verunglückte Flugzeug-besatzungen vom nahegelegenen Fliegerhorst Garz und geborgene Besatzungsmitglieder eines gesunkenen U-Bootes und anderer Kriegsschiffe fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

Zu einem der größten Kriegsopferfriedhöfe in Deutschland wurde der Golm jedoch infolge des verheerenden Bombenangriffs auf Swinemünde am 12. März 1945. Zu diesem Zeitpunkt war die Hafenstadt mit Flüchtlingen und Soldaten überfüllt. Ostlich der Swine warteten endlose Trecks auf edie Möglichkeit einer Überfahrt.Im Hafen lagen Schiffe mit Flüchtlingen aus Hinterpommern. West- und Ostpreußen, die auf einen Weitertrans-port westwärts hofften. Auf dem Bahnhof standen überfüllte Lazarettzüge zur Abfahrt bereit. Lazaret-te der Stadt waren überfüllt. Im Kurpark lagen Sol-daten, die sich ostwärts an die Front in Marsch setzen sollten. Über sie alle wurden aus 671 Flug-zeugen 1609 t.Bombenlast abgeworfen. In kürzer Zeit verwandelte sich die Stadt in ein brennendes Inferno und wurde zum Dresden des Nordens. Mehr als 23000 Menschen starben in der Mittags-stunde des 12 März 1945 bei diesem amerikani-schen Bombenangriff. Au-genzeugen berichten von einem Anblick unvorstell-baren Grauens. We-gen der Seuchengefahr und der nachrückenden Flüchtlinge sowie der nahen Front mußten die

Toten möglichst schnell bestattet werden Menschliche und tierische Überreste wur-den in Bombentrich-tern zusgeschüttet. Nach Überlebenden in den Trümmern konnte kaum gesucht wer-den. Über 20000 Tote wurden mit Pferde- und Lastkarren zum Golm gebracht und hier begraben. Die namentlich bekan-
nten Zivilisten (Swinemünder und Flüchtlinge) wurden links vom Eingang zur heutigen Gedenkstätte bei-gesetzt. Der weitaus größere Teil der Opfer konnte nicht identifiziert werden und wurde in Sam-melgräbern auf einem großen Massengräberfeld begraben. Somit befinden sich heute auf dem Golm vier verschiedene Friedhöfe. Nach Kriegsende hatten die Menschen überall ums eigene Überleben zu käm-pfen. Für die Pflege der Gräber auf dem Golm setzten sich nur einzelne Angehörige ein. Um 1950 be-mühten sich kirchliche Stellen die bereis stark verwilderten Grabanlagen in einen würdigen Zustand zu bringen und ein Mahnmal zu errichten. Doch infolge der politischen Veränderungen wurden diese Aktivi-

täten staatlicherseits untersagt und das gerade errichtete 13 m hohe Holzkreuz 1954 zu nächtlicher Stunde von "unbekannten Tätern" abgesägt. Gleichzeitig verstärkten sich aber auch die Bemühungen staatlicher Stellen, für den Golm ein Denkmal herstellen zu lassen. So entstand 1952/53 die Stein-plastik einer trauernden und frierenden Frau im Soldatenmantel von dem Bansiner Bildhauer Rudolf Leptien. Doch auch sie durfte nicht auf dem Golm aufgestellt werden, weil die künstlerische Aussage nicht der Parteilinie entsprach und Herr Leptien inzwischen "republickflüchtig" war. Erst 30 Jahre später wurde sie zum Golm geholt und am Aufgang zum Rundbau aufgestellt. Inzwischen hatte 1968 der Bildhauer Wolfgang Eckard aus Rostock den Auftrag erhalten, für die Toten auf dem Golm ein Denkmal zu entwerfen. An die Stelle, wo einst das Krezu gestanden hatte, , ließ er 1975 einen zweigeteilten Rundbau aus Beton er-richten. Der mühsame Aufstieg zu diesem Mahnmal soll die Beschwernisse von Krieg und Gewalt ver-sinnbildlichen. Der grob gepflasterte Innenhof bringt zum Ausdruck, dass ein müheloses Vorübergehen an den Opfern nicht möglich ist. Die Worte Johannes R. Bechers auf der einen Seite des Halbrundes - Dass nie eine Mutter mehr ihren Sohn beweint - lassen uns hoffen und fordern uns auf, in Zukunft Kriege zu verhindern. Auf der anderen Seite war ein Relief geplant, das die Schrecken von Krieg und Men-schenvernichtung und den Sieg einer glücklicheren Zukunft der Menschen darstellen sollte.

Im Zusammenhang mit dem Bau dieses Mahnmals im Mittelpunkt der Anlage, wurden die Abgrenzun-gen zwischen den vier Friedhöfen beseitigt. Am Eingang weist ein 5 m hohes Holzkreuz von weitem auf die Gedenkstätte hin und mahnt zur Versöhnung über Grber und Grenzen hinweg. Der Golm ist zu einer Stätte würdigen Gedenkens geworden - ein Waldfriedhof, eingebettet in die schöne Golm-Landschaft, der uns nicht nur Besinnlichkeit und Ruhe gibt, sondern auch rmahnt, das Leben zu bewahren und den Frieden zu erhalten.